Ernährung im Nachwuchssport: Raus aus der Abseitsfalle!

Mädchen sitzt im Station und isst einen Apfel - Ernährung im Nachwuchssport
Wie lernen Kinder essen? Wer trägt die Verantwortung dafür? Woher beziehen ältere Kinder und Jugendliche ihr Wissen rund um Ernährung und Lebensmittel? Worauf kommt's an, wenn Ernährung und Leistungssport bei Kindern und Jugendlichen aufeinander treffen?

Inhalt

Nie gab es mehr Informationsmöglichkeiten. Nie gab es so viele widersprüchliche Informationen rund ums Thema Essen und Trinken – erst recht in Kombination mit Sport. Wie kommen Kinder und Jugendliche zu Ernährungswissen? Was tragen die Eltern weiter? Was lernen sie vielleicht von ihren Großeltern? Welchen Einfluss nimmt die Werbung für bestimmte Lebensmittel? Erst recht die Kleinen können (leider) nicht unterscheiden, ob die freundlich lächelnde Comic-Figur gerade Teil eines Trickfilms oder Teil eines Werbespots ist. Welche Informationen landen über Instagram, TikTok oder YouTube bei den Kids? Wo können sie ihre Fragen stellen und wem stellen sie sie am Ende des Tages?

Umso wichtiger, dass Kinder von kleinauf zumindest die Chance bekommen, Grundnahrungsmittel kennenzulernen im Sinne von selber mal probieren dürfen. Gemeint sind ganz klar ALLE Lebensmittelgruppen. Was das Kind von heute später als Erwachsener weglassen und damit kompensieren möchte, sollte es zu gegebener Zeit selber entscheiden dürfen und nicht übergestülpt bekommen. In Fortbildungen mit Erziehern bekam ich regelmäßig Geschichten erzählt, wo Kinder, die zu Hause kein Fleisch und keine Wurst essen durften, in der Kita gar nicht genug davon bekommen konnten.

Wenn’s um die Ernährung der Kinder geht, dann zählen die (physiologischen) Bedürfnisse der Kinder. Kinderernährung ist zwar immer auch ein Stück weit Elternernährung. Nur heißt das eben nicht, dass Eltern ihre eigene Ernährungsphilosophie 1:1 auf die Kinder übertragen. Zumal das Verdauungssystem zwar theoretisch aus den gleichen Abschnitten besteht, aber noch in der Entwicklungsphase steckt.

Weil die Vielfalt an Informationen und Informationsquellen für Kinder und Jugendliche kaum größer sein könnte, ist es umso wichtiger, dass sie von Kleinauf mit so vielen Grundlebensmitteln wie möglich in Kontakt kommen. Dazu gehört, die Lebensmittel mit allen Sinnen kennenzulernen.

Wie lernen Kinder essen?

Durch Nachahmen. Kinder machen das nach, was Eltern oder andere vertraute Erwachsene vorleben. Das gilt genauso für das Thema Essen und Trinken. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt ab dem Kleinkindalter bis zum Schulstart.    

Anfangs sitzen in der Regel die Eltern und ggf. Geschwister mit am Esstisch. Spätestens in der Kita kommen andere Kinder und die Erzieher ins Spiel. In der Schule wird um die Lehrer ergänzt.

Und dann gibt’s ja noch die Großeltern. Engere Freunde der Kinder. Grundsätzlich gilt: je älter die Kinder werden, umso mehr Möglichkeiten und Inspiration sind zu erwarten.

Kinder sind neugierig, probieren gerne aus und entdecken auf diese Weise Schritt für Schritt die Welt der Lebensmittel.
Deshalb lautet ein großes Ziel: Biete dem Kind von kleinauf Grundnahrungsmittel an.
Oder anders gefragt: Welches Aroma soll das Kind als „Standard“ kennenlernen? Das künstliche aus dem Erdbeerjoghurt oder echte Erdbeeren. Das künstliche aus der Tüten-Tomaten-Suppe oder das der echten Tomaten. Die Liste lässt sich fortsetzen.

Es gibt wunderschöne Experimente, wo sich ziemlich gut erkennen lässt, an welche Lebensmittel die Kinder gewöhnt sind bzw. an welche sie gewöhnt wurden. Werden zwei unterschiedliche Tomatensuppen angeboten (1x Tüte, 1x zumindest mit Tomatenstücken aus der Dose oder eben frischen Tomaten), dann wählen Kinder in der Regel die Suppe aus, die sie kennen.
Vielleicht würde es noch eine Art Gruppeneffekt geben, wenn die überwiegende Zahl der Kinder sich für die Variante mit echten Tomaten entscheidet, dass andere sich schließlich auch trauen zu probieren. 

10 Praxis-Tipps zur Ernährung von Kindern

  • das eigene Essverhalten unter die Lupe nehmen, denn genau das wird vorgelebt. Idealerweise ziehen Mama und Papa am gleichen Strang bzw. verfolgen ein ähnliches Essverhalten.
  • Regeln und Rituale rund ums Essen definieren
    – gelassen bleiben, wenn Kinder mal etwas nicht mögen, denn die nächste Mahlzeit kommt bestimmt
  • Energiefreie Getränke statt Saft & Limonaden
  • Verbote sind verboten. Ein alter Grundsatz. Denn Verbotenes reizt umso mehr. Dafür gibt’s genug Beispiele. Süßes zu verbieten, bringt nichts. Sinnvoller ist es, Kindern den richtigen Umgang mit Süßigkeiten beizubringen. Stichwort Regeln & Rituale.
    Anstelle Pizza oder Hamburger zu streichen, lieber selber machen und damit über die Zutaten selber bestimmen.
  • Grundnahrungsmittel als Basis wählen. Alle Lebensmittelgruppen anbieten. 
  • Eine gewissen Sensibilität und Gelassenheit dafür entwickeln, wenn Kinder den Esstisch als eine Art Bühne nutzen
  • Kein Zwang. Kinder nicht dazu zwingen, genau jene Lebensmittel zu essen, die sie absolut nicht mögen. Wer als Kind diese Erfahrung erlebt, hat im Erwachsenenalter riesengroße Probleme, sich mit diesen Lebensmitteln anzufreunden. Beispiele dazu habe ich viel zu oft gehört. Einige haben ein regelrechtes „Rote-Bete-Trauma“ davongetragen.  
  • Geduld! Manchmal dauert’s, bis Kinder sich an ein Lebensmittel herantrauen. Einfach immer wieder anbieten. Anbieten heißt: Es ist verfügbar und steht beispielsweise auf dem Tisch. 
  • Möglichkeiten schaffen, damit Kinder selber auswählen können. Gemeint ist nicht, dass Kinder vor einem riesengroßen Büfett stehen, und sich was aussuchen sollen. Damit sind sie völlig überfordert. Vielmehr gilt’s, dass die Erwachsenen eine kluge Vorauswahl treffen. Klug heißt: Es steht das zur Auswahl, was automatisch immer zur richtigen Entscheidung führt. Brot A oder Brot B. Gemüse A oder Gemüse B. 
  • Kinder praktisch einbeziehen. Beim Kochen, beim Backen, beim Tisch decken, auch beim Abwaschen. Ebenfalls sinnvoll: Kindern zeigen, wo die Lebensmittel herkommen.

Wer ist für die Ernährung von Kindern verantwortlich?

Die Eltern? Die Kita bzw. die Erzieher? Die Schule bzw. die Lehrer? Oder gar der Speisenanbieter? Die Großeltern? Die Krankenkasse? Die Kinderärzte? Der Sportverein bzw. die Trainer? Alle ein bisschen? Dann stellt sich die Frage nach der Hauptverantwortung? Hier lautet die Antwort: Die Eltern. Denn Ernährungserziehung nach wie vor in erster Linie Elternsache. Auch wenn das Thema in Kindertagesstätten und Grundschulen mehr oder weniger bespielt wird, sind die Eltern in der Hauptrolle.
Je mehr Personen oder Institutionen an dem Thema beteiligt sind, umso größer die Einladung zum Ping-Pong spielen.

Aus meiner Sicht ist’s immens wichtig, Kindern von kleinauf den Umgang mit Küchenwerkzeugen beizubringen und ihnen vor allem zu vermitteln, dass es zum Alltag dazugehört, sich kleinere Snacks oder ganze Mahlzeiten selber zuzubereiten. Je häufiger Kinder mit der Materie vertraut gemacht werden, umso effektiver der Lerneffekt. Lesen, Rechnen und Schreiben wird schließlich in der Grundschule nicht ohne Grund nahezu täglich trainiert. Gleiches gilt für das Zubereiten von Speisen und den sicheren Umgang mit einfachen Küchenwerkzeugen. Natürlich sitzen die Eltern heute genauso im Boot wie vor einigen Jahren oder gar Jahrzehnten. Doch nicht in jedem Elternhaus lernen Kinder beispielsweise wie mit Schneidemessern oder Sparschälern umzugehen ist. Können Kitas und Grundschulen kompensieren, was im Elternhaus zu kurz kommt? Vielleicht ein Stück weit.

Meiner persönlichen Erfahrung nach bereitet es Kindern in Kita und Grundschule immer Freude, handwerklich in der Küche zur Tat zu schreiten. Dass diese Projekte fachgerecht angeleitet bzw. koordiniert werden sollten, steht außer Frage.

Sporternährung bei Kindern und Jugendlichen

Wer sich um die Ernährung oder die Verpflegung der Profis kümmert, sollte das genauso ernsthaft und beständig im Nachwuchsbereich tun. Im Verein. Im Verband. Denn dort werden die Weichen gelegt.

Hinzu kommt, dass sich Kinder noch im Wachstum befinden und deshalb umso mehr auf eine vernünftige Ernährung zu achten ist. Was sollte dabei unbedingt im Fokus stehen?

– Wie lässt sich der Nährstoffbedarf über Grundnahrungsmittel decken?
– Selber zubereiten: wie geht’s und was sind die Vorteile?
– Umgang mit Ernährungsinformationen aus dem Internet und von sog. Influencern?
– Vermittlung von Basiswissen zu den Nähstoffen und ihrer Funktion im Körper?
– Aufklärung zu aktuellen „trendy“ Ernährungskonzepten
– Der richtige Umgang mit Nahrungsergänzung
– Energiebedarf und Körperzusammensetzung, Körperbild

Gerade mit Blick auf die Prävention von Doping gibt’s u. a. die klare Empfehlung seitens der NADA (Nationale Anti-Doping-Agentur) Kindern und Jugendlichen einen respektvollen und vernünftigen Umgang mit Nahrungsergänzung zu vermitteln. Das Credo lautet: nur einsetzen, wenn ein echter Bedarf besteht. Nicht auf Verdacht – weil’s ja andere auch so machen. Und schon gar nicht, weil irgendwer das Blaue vom Himmel verspricht.

Dass auch Jugendliche ausgewählte Nahrungsergänzungsmittel brauchen könnten, ist so. Gerade Mädchen, die Ausdauersport betreiben, noch in der Wachstumsphase sind und bereits ihre Regelblutung haben, gehören zur klassischen Risikogruppe für einen Eisenmangel. Doch ist das Thema Eisen wahnsinnig komplex und sollte keinesfalls in Eigenregie angegangen werden. Hier ist eine ärztliche Begleitung samt Blutkontrolle essentiell.

Angebot für den Nachwuchsbereich von Sportvereinen 

An den Olympia-Stützpunkten wird ab und an bis regelmäßig mit Nachwuchsathleten das Thema Ernährung praktisch und theoretisch bearbeitet. Doch das ist längst nicht in allen Vereinen so. Wichtig wird’s tatsächlich dann, wenn der Leistungsdruck zunimmt und Kinder bzw. Jugendliche automatisch damit beginnen, sich die Tipps & Tricks von den Profis abzuschauen.

Was theoretisch auf offene Ohren stößt, scheitert allzu oft am Geld. Zumindest in kleineren Vereinen, wo keine Profis und demzufolge keine großen Sponsoren dranhängen. Sportverbände werden in Deutschland gemäß ihrer erreichten Ergebnisse in internationalen Wettkämpfen mit Geld ausgestattet. Sprich: Wenn es in einer Sportart keine Top-Profis auf Weltklasse-Niveau gibt, hat’s der Nachwuchs verdammt schwer, gefördert zu werden. In meinen Augen total ungerecht. Zeigt umso mehr, dass Sport und Politik eng miteinander verzahnt sind.

Über das Schlagwort “Gesundheitsförderung” und die Settings “Kindertagesstätte” und “Schule” hat die eine oder andere gesetzliche Krankenkasse Interesse, das eine oder andere Projekt finanziell zu unterstützen. Doch das ist keine Regel. Meine persönliche Erfahrung ist leider die, dass man meistens das Geld selber mitbringen im Sinne von einen Fördertopf an der Hand haben muss, um Projekte zum Thema Ernährung in Kitas und Schulen oder auch in Vereinen zu realisieren.

Mögliche Angebote meinerseits sind folgende:

  • Workshops mit hohem Praxisteil: Lebensmittel theoretisch und praktisch kennenlernen – sprich gemeinsames Kochen und Backen und Essen
  • Beantworten von Fragen rund um Ernährung und Lebensmitteln in Elternveranstaltungen
  • Einzelberatung von jungen Athleten (mit/ohne Eltern)
  • Beratung bzgl. der Verpflegung in TrainingsCamps, rund um die Wettkampfsituation, während Turnieren

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